EU sagt Kanada-Gipfel ab - Ceta-Unterzeichnung vertagt

27.10.2016 08:41

So spät ist ein Spitzentreffen wohl selten abgeblasen worden. Doch
Belgien ringt weiter um den Handelspakt Ceta. Da kann auch die EU
ihre Unterschrift nicht unter den Text setzen. Der für diesen
Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel fällt ins Wasser - vorerst.

Brüssel (dpa) - Nach der Reiseabsage der kanadischen Regierung zum
Ceta-Gipfel in Brüssel vertagt die EU das Spitzentreffen auf
ungewisse Zeit. «Da nicht alle EU-Mitgliedstaaten bereit sind, Ceta
zu unterzeichnen, wird der EU-Kanada-Gipfel heute nicht wie geplant
beginnen», hieß es am Donnerstagmorgen aus EU-Kreisen. Kanada sei
aber weiterhin bereit, das Abkommen zu unterzeichnen, wenn Europa
soweit sei. Eigentlich hätten beide Seiten Ceta am Nachmittag
gemeinsam in Brüssel unterzeichnen sollen, für Kanada wäre Premier
Justin Trudeau angereist.

Die kanadische Regierungsdelegation hatte am Mittwochabend (Ortszeit)
ihre Reise nach Brüssel zur ursprünglich geplanten Unterzeichnung des
Handelsabkommens Ceta mit der Union abgesagt. Alex Lawrence, Sprecher
der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland, sagte der
Deutschen Presse-Agentur jedoch: «Kanada ist weiterhin bereit, dieses
wichtige Abkommen zu unterzeichnen, sobald Europa bereit ist.»

Zuvor hatte sich die belgische Regierung bei den Verhandlungen mit
den Regionen nicht auf eine Lösung einigen können und weitere
Gespräche für Donnerstagvormittag (10.00 Uhr) angesetzt.

Die französischsprachige Wallonie und andere belgische
Regionalvertreter hatten ein Veto gegen Ceta eingelegt, weil sie
Gefahren für Sozial- und Umweltstandards und die Landwirtschaft
sehen. Ohne die Zustimmung Belgiens kann der Handelspakt mit Kanada
nicht unterzeichnet werden, da dazu alle 28 EU-Mitglieder ihre
Unterschrift leisten müssen.

«Wir setzen die Arbeit fort», sagte der Regierungschef der Föderation

Wallonie-Brüssel, Rudy Demotte, nach Angaben der Agentur Belga, als
die Gesprächspartner am späten Abend auseinandergingen. Es seien noch
«technische Fragen» zu klären.

Mit einer Absage des Gipfels ist Ceta nach allgemeinem Verständnis
aber nicht geplatzt. Wenn Belgien zustimmt, könnte der Handelspakt zu
einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet werden. Die Verzögerung ist
jedoch blamabel für die Europäer, die bis zuletzt am ursprünglichen
Gipfeltermin festgehalten hatten.

Die EU habe sich als internationaler Verhandlungspartner «völlig
unmöglich» gemacht, sagte der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff
am Morgen im Deutschlandfunk. Der Vizepräsident des Europaparlaments
hofft aber, dass Ceta noch in diesem Jahr unterzeichnet wird.

Auch in Deutschland gibt es Vorbehalte gegen Ceta. Eine rot-rot-grüne
Berliner Landesregierung würde dem geplanten Freihandelsabkommen der
EU mit Kanada bei einer möglichen Abstimmung im Bundesrat nicht
zustimmen. Darauf hätten sich SPD, Linke und Grüne am Mittwoch bei
den Koalitionsverhandlungen verständigt, sagte Grünen-Fraktionschefin
Ramona Pop. Die drei Parteien sprechen über die Bildung der
bundesweit ersten rot-rot-grünen Landesregierung unter Führung der
SPD. Bis Mitte November soll das Bündnis stehen.