Sparkassenverband: EZB-Nullzinspolitik «bringt uns an den Bettelstab »

21.02.2017 14:46

Die Wirtschaft brummt, die Löhne steigen, der Kreditbedarf ist hoch -
klingt nach einer guten Geschäftsgrundlage für Banken. Von wegen -
ein führender Branchenvertreter zeigt sich tief besorgt.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die Aussichten der Südwest-Sparkassen auf gute
Geschäfte verdüstern sich weiter. Der Zinsüberschuss - die wichtigste

Einnahmequelle der Finanzinstitute - sank im vergangenen Jahr um gut
drei Prozent auf 3,3 Milliarden Euro, wie der Sparkassenverband
Baden-Württemberg am Dienstag mitteilte. Auch für dieses Jahr gehe es
hierbei bergab. «Der Zinsüberschuss wird sich weiter abschwächen, es

wird glatt so weitergehen», sagte Verbandschef Peter Schneider. Dies
sei eine Folge der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank
(EZB), die Ballast ist die ganze deutsche Bankenbranche.

Zugleich stieg der Gewinn der Südwest-Kassen zwar um rund 14 Prozent
auf 1,26 Milliarden Euro. Dies geschah aber nicht aus eigener
operativer Kraft, sondern wegen der gesetzlich
vorgeschriebenen Auflösung eines Teils der Risikovorsorge. Als Folge

der Finanzkrise hatten die Sparkassen einen hohen Puffer bilden
müssen für mögliche Kreditausfälle - die Finanzmittel, die in die

Risikovorsorge flossen, mussten nicht versteuert werden. Da die
Wirtschaft brummt und keine Krise in Sicht ist, muss dieser Puffer
aus steuerrechtlichen Gründen nun aber reduziert werden.

Der Zinsüberschuss sinkt, also drehen die Sparkassen zumindest etwas
an der Gebührenschraube - der ordentliche Ertrag, also zum Beispiel
Gebühren für die Kontoführung und für Transaktionen, stieg leicht
um
15 Millionen Euro (1,4 Prozent) auf rund 1,1 Milliarden Euro.
In Relation zum weggebrochenen Zinsüberschuss (minus 111
Millionen Euro) sei das wenig, so Schneider. «Man kann das durch
Gebühren nicht einmal annähernd ausgleichen.» Stattdessen müsse man

Kosten senken.

Verbandsgeschäftsführer Joachim Herrmann bestätigte, dass «eine gan
ze
Reihe» der 51 selbstständigen Sparkassen hierzulande Gebühren erhöh
t
haben. Aber man stehe mit anderen Banken im intensiven Wettbewerb.
«Wenn irgendjemand an der Gebührenschraube dreht, dann stößt das au
f
heftigsten Widerstand [der Kunden]», sagte Herrmann.

Wie geht es denn weiter angesichts schrumpfender Zinsüberschüsse als
Folge der EZB-Vorgaben? Verbandspräsident Schneider zeigte tiefe
Sorgenfalten. «Sie begegnen mir an diesem Punkt ratlos, drum sag
ich: Das bringt uns an den Bettelstab», sagte er. «Diese
Niedrigzinspolitik wird das Bankgewerbe auszehren.»

Ein Wermutstropfen: Im Verhältnis zu anderen Banken stünden die
Sparkassen gut da, sagte Schneider. «Das einzige, was mich tröstet,
ist, dass alle anderen Wettbewerber in dem Zug weiter vorne sitzen,
der da auf die Mauer drauf rauscht.» Man sitze «gut gepolstert im
letzten Waggon».