Lettlands drittgrößte Bank ABLV nach EZB-Einschätzung vor dem Aus

24.02.2018 18:51

Das Schicksal der ABLV Bank scheint besiegelt: Die EZB erklärt das
wegen Geldwäschevorwürfen in Verruf geratene Geldinstitut für
gescheitert. Die lettische Bank dagegen sieht sich als Opfer
politischer Entscheidungen.

Riga (dpa) - Lettlands drittgrößte Bank ABLV ist nach Einschätzung
der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht mehr zu retten. Die Bank sei
wahrscheinlich nicht mehr in der Lage, ihre Schulden und andere
Verpflichtungen zu bedienen, wenn sie fällig werden, erklärte die EZB

am Samstag. Grund dafür sei eine «signifikante Verschlechterung ihr
er
Liquidität». Die seit dem Euro-Beitritt Lettlands 2014 direkt von
der EZB überwachte Bank steht damit vor dem Aus: Eine Rettung sei

nicht im öffentlichen Interesse, hieß es in der Mitteilung.  

ABLV war wegen des Verdachts auf unlautere Geschäfte ins Visier von

US-Finanzbehörden und der EZB geraten. Nach einem Bericht der f
ür 
Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums
gebe es berechtigten Grund zur Annahme, dass die Bank Geldwäsche zu
einem Pfeiler ihres Geschäftsmodells gemacht habe. Auch wurde
ABLV vorgeworfen, sie habe Kunden ermöglicht, die UN-Sanktionen gegen
Nordkorea zu umgehen. 

ABLV wies die Vorwürfe zurück. Dennoch spitzte sich die Finanzlage
der Bank daraufhin erheblich zu - binnen weniger Tage zogen Anleger
rund 600 Millionen Euro ab. Auf Ersuchen der EZB legte die lettische 

Finanzaufsicht zu Wochenbeginn die Geschäfte des Instituts auf Eis.

Zuvor war ihr auch der Zugang zum US-Finanzsystem abgeschnitten
worden.

Lettlands Zentralbank, die ihrerseits von einer Korruptionsaffäre um

Zentralbankchef Ilmars Rimsevics erschüttert wird, stützte die ABLV
in dieser Woche mit fast 300 Millionen Euro Finanzhilfen. Das
Geldhaus selbst hatte seinen Finanzbedarf nach dem Auszahlungsstopp
auf 480 Millionen Euro beziffert. Um die Finanzierungslücke zu
schließen, erhielt ABLV eine Frist bis Freitag.

Mit der Entscheidung der EZB hat die lettische Finanzaufsicht am
Samstag die Vermögenswerte der ABLV eingefroren. Die Bank soll einer

Mitteilung zufolge nun nach lettischem Recht abgewickelt werden.
Gesetzlich geschützt sind demnach Einlagen von bis zu 100 000 Euro.
Dies gilt auch für die Luxemburger Tochtergesellschaft von ABLV.

ABLV kritisierte die Entscheidung, die faktisch die Liquidierung
der Bank eingeleitet habe und aus «politischen Erwägungen» ge
troffen
worden sei. Nach eigener Ansicht habe sie alle Anforderungen der
Aufsichtsbehörden erfüllt, um den Geschäftsbetrieb wieder
aufzunehmen, teilte die Bank mit. 

Die Finanzaufsicht trat zugleich Befürchtungen entgegen, dass sich
die Turbulenzen bei der vorwiegend Bankeinlagen aus dem Ausland
verwaltenden ABLV auf den gesamten Bankensektor des Euro-Landes
ausweiten könnten. «In Lettland gibt es keine Bankenkrise», sag
te
Behördenchef Peters Putnins lettischen Medienberichten zufolge. «Dies
ist eine Krise bei nur einer Bank.»

Lettlands Regierungschef Maris Kucinskis zeigte sich ebenfalls
überzeugt von der Stabilität des heimischen Finanzsystems. Eine
Rettung der ABLV durch Steuermittel lehnte er ab. «Die lettische
Regierung hat und wird keinen einzigen Euro in die Rettung der ABLV
Bank investieren», hieß es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. 

Zuvor hatte auch Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola erklärt, die
ABLV sei nicht systemrelevant.