Nach Katar-Korruptionsskandal: EU-Parlament ebnet Weg für Ethikgremium

25.04.2024 16:54

Wie können Einflussnahmen und Korruption in EU-Institutionen stärker
kontrolliert werden? Ein neues Ethikgremium soll helfen. Doch nicht
alle sind von der Idee einer neuen Instanz begeistert.

Straßburg (dpa) -  Gut eineinhalb Jahre nach dem Katar-Skandal will
die EU härter gegen Interessenkonflikte und Korruption innerhalb der
eigenen Institutionen vorgehen. Das Europaparlament stimmte am
Donnerstag in Straßburg für die Einrichtung eines Ethikgremiums, dass
künftig die Einhaltung von Lobby- und Antikorruptionsregeln
kontrollieren soll. Darauf einigten sich einer Mitteilung des
Parlaments zufolge acht EU-Institutionen: der Rat der Europäischen
Union, die Kommission, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank,
der Europäische Rechnungshof, der Europäische Wirtschafts- und
Sozialausschuss, der Europäische Ausschuss der Regionen sowie das
Parlament selbst.

Im Dezember 2022 hatte der Katar-Skandal das Europaparlament
erschüttert. Die belgische Justiz ermittelt gegen die inzwischen
abgesetzte Vizepräsidentin Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen
Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und
Korruption. Dabei geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf politische
Entscheidungen durch die Regierungen von Katar und Marokko.

Der jetzigen Einigung zufolge wird das Gremium etwa für gemeinsame
Mindeststandards für ethisches Verhalten zuständig sein. Zudem soll
es Berichte darüber veröffentlichen, wie diese Standards in den
internen Vorschriften der einzelnen Institutionen umgesetzt werden.
Bei Verstößen kann es Empfehlungen für Sanktionen aussprechen. Fünf

unabhängige Sachverständige sollen das Gremium bei ethischen Fragen
unterstützen und gegebenenfalls Stellungnahmen abgeben. 

«Dass sich das neue Gremium auch konkret mit Einzelfällen befassen
kann, ist ein enormer Verhandlungserfolg», sagte der zuständige
Abgeordnete Daniel Freund (Grüne). Gegenwind kommt dagegen von der
christdemokratischen EVP-Fraktion: «Anstatt klare rechtliche Regeln
und Standards aufzustellen, wird die «Ethik-Behörde» auf Grundlage
auslegungsbedürftiger moralischer Regeln entscheiden», sagte der
verfassungspolitische Sprecher, Sven Simon (CDU). 

Bevor die Vereinbarungen in Kraft treten können, müssen sie noch von
allen Parteien unterzeichnet werden. Den Angaben nach sollen sie nach
drei Jahren überprüft werden, um sie gegebenenfalls zu verbessern und
zu erweitern.

Bislang überwachen die einzelnen Institutionen selbst, ob die Lobby-
und Ethikregeln in ihrem Haus eingehalten werden. Diese Art der
Selbstkontrolle ist nach Ansicht von Kritikern wenig effektiv.