Scholz setzt im Europawahlkampf auf seinen «Kurs der Besonnenheit»

27.04.2024 19:19

«Frieden» steht ganz groß auf den Plakaten der SPD für die
Europawahl. Und der Kanzler stellt seinen «Kurs der Besonnenheit» im
Ukraine-Krieg nun an den Anfang seines Wahlkampfs.

 

Hamburg (dpa) - Zum Auftakt des Europawahlkampfs der SPD hat
Bundeskanzler Olaf Scholz seinen «Kurs der Besonnenheit» im
Ukraine-Krieg hervorgehoben. «Ich wundere mich, wenn einige sagen,
besonnene Politik ist nicht richtig», betonte der Kanzler am Samstag
bei einer Großkundgebung in seiner Heimatstadt Hamburg. «Wir machen
das Meiste, aber wir machen es klug abgewogen, zum richtigen
Zeitpunkt und mit aller Konsequenz.»

Versprechen an diejenigen, «die Angst haben»

Scholz bekräftigte, dass Deutschland unter seiner Führung als - wie
er sagte - größter Waffenlieferant weiter an der Seite der Ukraine
stehen, aber eine direkte Konfrontation der Nato mit Russland
vermeiden werde. «Denjenigen, die sich Sorgen machen, die Angst
haben, denen sage ich: Sie können sich darauf verlassen, dass egal,
wie die Debatten jeweils laufen, der deutsche Bundeskanzler, die von
mir geführte Regierung, den Kurs der Besonnenheit, den Kurs,
abgewogen zu handeln und Frieden und Sicherheit in Europa zu
gewährleisten, nicht verlassen werden.»

Scholz wird von der Union, aber auch von Politikern seiner beiden
Koalitionspartner Grüne und FDP für sein Nein zur Lieferung von
Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine scharf kritisiert. Die große
Mehrheit der Bevölkerung steht Umfragen zufolge aber hinter seiner
Entscheidung. Scholz war vor diesem Hintergrund vorgeworfen worden,
die Entscheidung gegen Taurus getroffen zu haben, um einen
«Friedens-Wahlkampf» führen zu können. 

In der Tradition von Brandt und Schmidt

«Frieden» ist nun einer der zentralen Begriffe auf den
SPD-Wahlplakaten für die Europawahl am 9. Juni, auf denen Scholz und
Spitzenkandidatin Katarina Barley zusammen zu sehen sind. Parteichef
Lars Klingbeil erklärte das auf der Kundgebung auf dem Altonaer
Fischmarkt damit, dass sich die SPD mit ihren früheren Kanzlern Willy
Brandt und Helmut Schmidt immer wieder für Frieden in der Welt
starkgemacht habe. «Und diese Politik, in dieser Tradition setzt
unser sozialdemokratischer Kanzler Olaf Scholz fort. Und ich bin
dankbar dafür, wie besonnen er in dieser Zeit, wo so vieles aus den
Fugen gerät, handelt.»

Ukraine-Krieg vor Rente und Kampf gegen Rechts   

Scholz stellte den Krieg in der Ukraine an den Beginn seiner ersten
Wahlkampfrede - vor andere Themen wie den Kampf gegen Rechts und die
Absage an eine Anhebung des Renteneintrittsalters. In einer
Diskussionsveranstaltung mit Bürgern in Lüneburg bekräftigte er
unmittelbar vor dem Wahlkampfauftakt seine Absage an eine
Taurus-Lieferung - und nannte den Marschflugkörper sogar beim Namen,
was er bisher immer vermieden hat. 

Die Waffe reiche 500 Kilometer weit und sei so präzise, «da können
wir direkt ein Wohnzimmer ansteuern», sagte er. Deswegen habe er
gesagt: «Das ist nur verantwortlich, wenn wir die Kontrolle über die
Zielsteuerung behalten.» Das würde aber eine Kriegsbeteiligung
bedeuten und komme deshalb nicht in Frage.  

Barley: Ukrainer entscheiden alleine über Ende des Kriegs

Barley betonte, dass die Ukrainer nicht zu einem Friedensschluss
gedrängt würden. «Nur sie alleine können entscheiden, wann und wie

dieser Krieg enden wird. Bis dahin werden wir sie unterstützen.»

Neben dem Thema Frieden will die SPD den Kampf gegen Rechts und für
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie für soziale Gerechtigkeit in
den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs stellen. Scholz soll dabei neben
Barley eine tragende Rolle einnehmen. «Er ist ein zentraler Akteur
dieses Wahlkampfs, und das wird man entsprechend auch merken», hatte
Generalsekretär Kevin Kühnert bei der Vorstellung der Wahlkampagne am
vergangenen Donnerstag angekündigt.

Scholz bei drei weiteren Kundgebungen

Die SPD hatte bei der letzten Europawahl 2019 mit 15,8 Prozent der
Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl
erzielt. Derzeit liegt sie in den Umfragen bei 16 bis 17 Prozent.  

Scholz wird an drei weiteren Kundgebungen in Karlsruhe (18. Mai),
Leipzig (1. Juni) und zum Abschluss des Wahlkampfs am 8. Juni in
Duisburg teilnehmen. Zudem sind gemeinsame Diskussionsveranstaltungen
mit Barley geplant.